Aus der Katgorie: Vermarktung

Wissenschaft in Bücher packen

Wissenschaft in Bucher packenManchmal beschäftigen sich Akademiker mit Themen, die ein breites Publikum ansprechen und sich für eine Publikation in Buchform eignen. Die Kanäle, über die wissenschaftliche Erkenntnisse in die öffentliche Diskussion einfließen können, sind limitiert. Die direkte Kommunikation durch ein Buch, ohne einen Journalisten oder Redenschreiber als Mittelsmann, kann dafür die ideale Form sein. Zusätzlich zu Papers, Konferenzbeiträgen und möglicherweise einer Monographie auch an Zeitungsartikeln mitzuwirken, Radiointerviews zu geben oder ein populäres Buch zu schreiben (oder es zumindest zu versuchen) gilt heute nicht mehr als Ausverkauf der Wissenschaft, wie es noch vor wenigen Jahrzehnten der Fall war. Auch ergraute Dekane haben sich längst daran gewöhnt, dass viele jüngere Akademiker Blogs pflegen und erkennen durchaus die Vorteile von zusätzlicher und vereinfachter Kommunikation. Gesammelte Blogposts in einem Buch neu aufbereiten? Wieso nicht! Das Naserümpfen der Kollegen mag nicht länger eine Hürde sein auf dem Weg zum eigenen Bestseller. Andere Stolpersteine sind deshalb aber nicht verschwunden!

Keine Fußnoten, und trotzdem keine Leser

Für ein erfolgreiches Buch gibt es einige grundsätzliche Anforderungen. So muss das gewählte Thema nicht nur Interesse wecken, sondern auch relativ klar abgrenzbar sein und in logische Kapitel zerstückelt werden können. Selbst mit einem überzeugenden Konzept bewaffnet, stellt sich aber nicht jeder Akademiker als geborener Autor heraus. Wer Jahre mit den Verfassen von akademischen Texten zugebracht hat, kann leicht einer Art „Betriebsblindheit“ zum Opfer fallen. Fachjargon und zu komplexe, verdichtete Texte schrecken Leser ab. Dennoch muss der nötige Kontext erläutert werden, und zwar ohne dass der Autor einen ungewollt herablassenden Ton anschlägt. Wer diesen Spagat nicht schafft, riskiert zwischen Stuhl und Bank zu fallen. Sind die Fußnoten erst gelöscht und der Text aufgepeppt, lässt sich das Buch nicht mehr akademisch verwerten. Bleibt die breite Leserschaft aus, ist der Frust (und vermutlich finanzielle Einbußungen) vorprogrammiert.

Die falschen Beweggründe

Wer den schrumpfenden Chancen, eine Monographie zu veröffentlichen entfliehen möchte, indem er sich mit seinem Buch an eine breitere Leserschaft wendet, ist fast schon zum Scheitern verurteilt, bevor der erste Federstrich getan ist. Dasselbe gilt für den frischen Doktoranden, der hofft, dass ein Buch sich im Lebenslauf gut macht: Was nicht ein Peer Review durchlaufen hat, wird keinen Kollegen beeindrucken und sollte im Normalfall noch nicht einmal in der Publikationsliste im CV auftauchen.

Wie bekomme ich mein Buch veröffentlicht?

Wer diesen Pfad trotzdem einschlagen möchte, muss also akzeptieren, dass sich sein Buchprojekt außerhalb der akademischen Welt bewegt, selbst wenn der Inhalt des entstehenden Werks auf solider Forschung basiert. In der Entscheidung zwischen „Selbstverlag“ oder Agent unterscheiden sich die nächsten Stephen Hawkings oder Simon Schamas daher kaum vom herangehenden Romanautor. Selbstverlegte Titel waren im vergangenen Jahr für einen Viertel aller Buchverkäufe über Amazon verantwortlich, dieses Vorgehen bedeutet aber auch, dass der Autor sich auf wenig Unterstützung verlassen kann und bei der Konzeption, bei redaktionellen Arbeiten und vor allem beim Marketing auf sich selbst gestellt ist. Ein Agent ist zwar mit Kosten verbunden (15% des Umsatzes sind üblich), der Einkauf von Erfahrung, Beratung und Kontakten kann sich aber gerade für Akademiker lohnen.

Ein Buch, wie jedes große Projekt, kann eine sehr befriedigende und bereichernde Erfahrung sein. Die eigene Expertise zugänglich zu machen, ist ein nobles Ziel. Es besteht aber, wiederum wie bei jedem großen Projekt, auch ein gewisses Risiko. Wer sein faszinierendes Forschungsgebiet nicht mit einem bekannten Namen, viel Schreiberfahrung und Marketinggeschick ergänzen kann, läuft Gefahr, viel Blut, Schweins und Tränen (ersteres natürlich nur beim gelegentlichen Papierschnitt) in einen Ladenhüter zu investieren, welcher der akademischen Laufbahn nicht dienlich ist.

Schreiben und schreiben lassen: Nicht immer hat der Autor wirklich mitgeforscht

Ein Ehrenautor erscheint trotz geringerscientific-authorship Leistung als Autor eines Papers, ein Ghostwriter verzichtet trotz substantiellen Beiträgen auf eine Nennung. Wie oft stimmen eigentlich die Namen auf dem Paper mit denen auf dem Laborkittel überein?

Gefährliche Geisterhand

Ghostwriter tauchen eher bei Arbeiten auf, die der akademischen Qualifizierung dienen. Sie erlauben es, sich von der lästigen Leistungspflicht freizukaufen (nämlich für eine vollständige Doktorarbeit zum Preis von etwa 25.000 Euro). Mit dem zunehmenden Einsatz von Antiplagiatssoftwares wird die Problematik in diesem Segment künftig eher noch zunehmen. In Papers, Artikeln und Konferenzbeiträgen geht es nur zweitrangig um Geld. Besonders in den Fachgebieten der Pharmazie und Medizin wird der wahre Autor bisweilen vertuscht, um Interessenskonflikte zu verheimlichen, etwa wenn gewinnorientierte Pharmafirmen in einer Studie mitmischen. Geld fließt dann mitunter in die entgegengesetzte Richtung: Vom Schreibenden zum „Autor“, der seinen Namen zur Verfügung stellt, um Objektivität vorzutäuschen. Um so gefährlicher und potentiell schädlicher sind die Vorfälle hier, zur ethischen Dimension kommt eine legale. Aus einer Umfrage der New York Times geht hervor, dass bis zu 10% der Artikel in prestigeträchtigen Medizinjournals von dieser Form des Betrugs betroffen sind. Schockierend!

Unehrenhaft hinters Licht geführt

Ein Ehren- oder Gastautor kommt hingegen zum Einsatz, wenn aus einem Namen oder einer Position Vorteile gezogen werden können. Oft werden Vorsteher von Forschungsstätten oder Instituten in Werken, die aus ihrer Einrichtung kommen, fast schon standardmäßig als Autor aufgeführt, selbst wenn sie an einem bestimmten Projekt nur am Rande beteiligt waren. Ihre Publikationsliste verlängert sich dadurch, das Paper wird ernster genommen. Win-win? Die Konsequenzen sind hier zwar weniger gravierend als beim Einsatz eines Ghostwriters. Als harmlosen Gefallen, der einem verdienten Kollegen getan wird, womit das Phänomen bisweilen gerechtfertigt wird, darf es aber sicherlich nicht durchgehen. Nehmen beispielsweise Reviewer an, dass ein prominenter Vertreter des Faches die Daten und Schlüsse bereits gutgeheißen hat, so arbeiten sie möglicherweise weniger genau. Die Ehrenautorschaft scheint noch geläufiger zu sein als der Einsatz eines Ghostwriters, geben doch in einer weiteren Umfrage (ebenfalls im Bereich der Medizin) doppelt so viele Autoren an, auf diese List zurückzugreifen. Bei Artikeln mit neuen Forschungserkenntnissen (also unter Ausschluss von Metastudien, Kommentaren, etc.) tritt dieses Fehlverhalten sogar bei jedem vierten Artikel auf! Kein Wunder zweigt sich ein enger Personenkreis von unter einem Prozent der weltweit aktiven Forscher für 40% der veröffentlichten Papers mitverantwortlich! Während Ghostwriter in den letzten Jahren seltener geworden sind, lassen die Daten bei Ehrenautoren leider keine abnehmende Tendenz erkennen.

Stopp, bevor es zu spät ist!

Höchste Zeit, die Problematik anzugehen. Viele Journals haben explizite Formulierungen über die nötige Ehrlichkeit im Bezug auf genannte Autoren in ihre Verträge und Geschäftsbedingungen aufgenommen, einige verwenden Zeit und Energie auf die Überprüfung und Durchsetzung. Ghostwriting kommt bereits zunehmend seltener vor, zumindest bei Artikeln mit Peer Reivew. Vorstellbar ist, dass ein potentieller großer Gerichtsfall diese Entwicklung beschleunigen würde. Auch im Zusammenhang mit Gast- und Ehrenautoren sind prominente Skandale denkbar. Man stelle sich vor, in einem Artikel, der beispielsweise einen Nobelpreisträger als Autor nennt, würden signifikante Mängel festgestellt. Dass die Selbstregulierung der akademischen Gemeinde Wirkung zeigt, bevor solche Szenarien eintreten, kann gegenwärtig leider nur gehofft werden.

Vermarktung akademischer Publikationen durch Videos

academic-video-marketingWissenschaftliche Publikationen sollen so viel Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen und häufig zitiert werden. Der resultierende Reputationsgewinn schiebt den Autor auf seinem Karrierepfad voran und lässt die Verlagskasse klingeln. Zusätzlich wird das Fundament des bestehenden Wissens, auf welches spätere Arbeiten aufbauen, gestärkt. Wird ein Buch häufiger referenziert, so vergrößert sich in der Folge auch die Leserschaft. Im eher langwierigen akademischen Betrieb können aber zwischen der Veröffentlichung und den ersten Zitaten Monate vergehen. Da ist es äußerst nützlich, in der Zwischenzeit das Thema Vermarktung aufzugreifen, die Visibilität zu erhöhen und sich ins Gespräch zu bringen. Die klassischen Mittel dazu sind bei Artikeln gesprochene Präsentationen auf Konferenzen, bei Büchern entsprechende Rezensionen oder andere Medienbeiträge. Das Gesicht des akademischen Publikationbetriebs hat sich in den letzten Jahren durch neue technische Möglichkeiten stark verändert. Höchste Zeit, dass auch beim Element der visuellen Präsentation neue Wege beschritten werden!

Neue Möglichkeiten nutzen

Reine Onlinepublikationen konnten sich bereits etablieren und im Zuge neuer Businessmodelle stehen akademische Inhalte vermehrt kostenlos zur Verfügung. Da ist es naheliegend, auch in puncto Marketing ähnliche Schritte zu unternehmen. Das Konzept des Video Abstracts steckt noch in den Kinderschuhen, einige Pioniere verzeichnen damit aber bereits Erfolge. Neben Katzenvideos reihen sich auf YouTube seit Kurzem Filmchen von einigen Minuten ein, in welchen ein Autor erklärt, wovon seine Publikation handelt. Besonders angebracht ist dieses Kommunikationsmittel im Bereich der Naturwissenschaften: oft sind Animationen hier gut geeignet, um ein Konzept darzustellen. In den Geistes- und Sozialwissenschaften hingegen sind eher Videos zu finden, in denen der Autor in seinem Büro sitzend Grundidee, Vorgehen, Resultate und Bedeutung seiner Arbeit vorstellt, oder in Form eines Interviews darüber Auskunft gibt. Nicht nur in der Art der Vermittlung gibt es Unterschiede. Manche Videos entstehen auf Bestreben des Autors, bei anderen kommt der Anreiz vom Verlag; manchmal wird gleich selbst gedreht, ab und zu sind professionelle Produktionsfirmen am Werk. Die Verbreitung kann über Plattformen wie YouTube stattfinden, oder auf der Website des Journals oder Verlags, zusammen mit dem eigentlichen Artikel oder auf der Verkaufsplattform für das Buch.

Klappt’s?

Gemeinsam ist den Videos aus dem akademischen Umfeld aber das Ziel: Eine Arbeit einem größeren Publikum bekannt zu machen. Und laut Untersuchungen von Scott Spicer (selbstverständlich komplett mit Video Abastract seines Artikels) klappt’s. In den von ihm untersuchten wissenschaftlichen Publikationen sind die Werke mit Video im Schnitt erfolgreicher als jene, die auf ein visuell-akustisches Element verzichten. Allerdings kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Videos tatsächlich den Leserkreis erweitern, oder ob bessere Autoren einfach mehr Marketing betreiben. Bei oft mehreren hundert und in Einzelfällen auch mehreren zehntausend Aufrufen bei YouTube kann man aber davon ausgehen, dass Leute ohne akademischen Hintergrund durch Video Abstracts eher zu Journal Artikeln und wissenschaftlichen Büchern finden. Dies führt kaum zu mehr Zitierungen, ist aber aus dem Aspekt der Wissensverbreitung zu begrüßen. Wo es um die Vermarktung von akademischen Büchern geht, ist dieses Phänomen besonders interessant. Verlage setzten Videos mitunter gezielt dazu ein, andere Medien zu ködern und damit die Autoren und ihre Werke auf klassische Weise einem breiteren Publikumskreis bekannt zu machen.