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Schreiben und schreiben lassen: Nicht immer hat der Autor wirklich mitgeforscht

Ein Ehrenautor erscheint trotz geringerscientific-authorship Leistung als Autor eines Papers, ein Ghostwriter verzichtet trotz substantiellen Beiträgen auf eine Nennung. Wie oft stimmen eigentlich die Namen auf dem Paper mit denen auf dem Laborkittel überein?

Gefährliche Geisterhand

Ghostwriter tauchen eher bei Arbeiten auf, die der akademischen Qualifizierung dienen. Sie erlauben es, sich von der lästigen Leistungspflicht freizukaufen (nämlich für eine vollständige Doktorarbeit zum Preis von etwa 25.000 Euro). Mit dem zunehmenden Einsatz von Antiplagiatssoftwares wird die Problematik in diesem Segment künftig eher noch zunehmen. In Papers, Artikeln und Konferenzbeiträgen geht es nur zweitrangig um Geld. Besonders in den Fachgebieten der Pharmazie und Medizin wird der wahre Autor bisweilen vertuscht, um Interessenskonflikte zu verheimlichen, etwa wenn gewinnorientierte Pharmafirmen in einer Studie mitmischen. Geld fließt dann mitunter in die entgegengesetzte Richtung: Vom Schreibenden zum „Autor“, der seinen Namen zur Verfügung stellt, um Objektivität vorzutäuschen. Um so gefährlicher und potentiell schädlicher sind die Vorfälle hier, zur ethischen Dimension kommt eine legale. Aus einer Umfrage der New York Times geht hervor, dass bis zu 10% der Artikel in prestigeträchtigen Medizinjournals von dieser Form des Betrugs betroffen sind. Schockierend!

Unehrenhaft hinters Licht geführt

Ein Ehren- oder Gastautor kommt hingegen zum Einsatz, wenn aus einem Namen oder einer Position Vorteile gezogen werden können. Oft werden Vorsteher von Forschungsstätten oder Instituten in Werken, die aus ihrer Einrichtung kommen, fast schon standardmäßig als Autor aufgeführt, selbst wenn sie an einem bestimmten Projekt nur am Rande beteiligt waren. Ihre Publikationsliste verlängert sich dadurch, das Paper wird ernster genommen. Win-win? Die Konsequenzen sind hier zwar weniger gravierend als beim Einsatz eines Ghostwriters. Als harmlosen Gefallen, der einem verdienten Kollegen getan wird, womit das Phänomen bisweilen gerechtfertigt wird, darf es aber sicherlich nicht durchgehen. Nehmen beispielsweise Reviewer an, dass ein prominenter Vertreter des Faches die Daten und Schlüsse bereits gutgeheißen hat, so arbeiten sie möglicherweise weniger genau. Die Ehrenautorschaft scheint noch geläufiger zu sein als der Einsatz eines Ghostwriters, geben doch in einer weiteren Umfrage (ebenfalls im Bereich der Medizin) doppelt so viele Autoren an, auf diese List zurückzugreifen. Bei Artikeln mit neuen Forschungserkenntnissen (also unter Ausschluss von Metastudien, Kommentaren, etc.) tritt dieses Fehlverhalten sogar bei jedem vierten Artikel auf! Kein Wunder zweigt sich ein enger Personenkreis von unter einem Prozent der weltweit aktiven Forscher für 40% der veröffentlichten Papers mitverantwortlich! Während Ghostwriter in den letzten Jahren seltener geworden sind, lassen die Daten bei Ehrenautoren leider keine abnehmende Tendenz erkennen.

Stopp, bevor es zu spät ist!

Höchste Zeit, die Problematik anzugehen. Viele Journals haben explizite Formulierungen über die nötige Ehrlichkeit im Bezug auf genannte Autoren in ihre Verträge und Geschäftsbedingungen aufgenommen, einige verwenden Zeit und Energie auf die Überprüfung und Durchsetzung. Ghostwriting kommt bereits zunehmend seltener vor, zumindest bei Artikeln mit Peer Reivew. Vorstellbar ist, dass ein potentieller großer Gerichtsfall diese Entwicklung beschleunigen würde. Auch im Zusammenhang mit Gast- und Ehrenautoren sind prominente Skandale denkbar. Man stelle sich vor, in einem Artikel, der beispielsweise einen Nobelpreisträger als Autor nennt, würden signifikante Mängel festgestellt. Dass die Selbstregulierung der akademischen Gemeinde Wirkung zeigt, bevor solche Szenarien eintreten, kann gegenwärtig leider nur gehofft werden.

6 Gründe weshalb ein Ghostwriter unter Ihrer Würde ist

Zeit ist Geld, fbuying-research-paperolglich kann Zeit mit Geld erkauft werden und Geld haben Sie nun mal gerade mehr als Zeit. Also können Sie den immer noch nicht fertiggestellten Artikel, die anstehende Seminararbeit, den lästigen Bericht doch einfach bei einem Ghostwriter einkaufen, jetzt wo Sie ja gerade so unter Zeitdruck stehen, oder? Nur dieses eine Mal? NEIN, selbstverständlich nicht! Vielleicht nur den einen Abschnitt? Nur die Daten etwas aufbereiten? N-E-I-N! Niemals!

Zum einen gibt es dafür den erhobenen Zeigefinger. Sie wissen das natürlich. In der Wissenschaft sind die Anreize anders gesetzt als in der Wirtschaft. Es geht nicht um Profit und Boni sondern um Fortschritt und Prestige. Wird dies plötzlich gegen Geld aufgewogen, steht das ganze System in Frage. Lassen wir die zweifelhafte Ethik aber spaßeshalber mal außer Acht, so gibt es trotzdem genügend Gründe, sich aufs eigene Sitzleder zu verlassen, anstatt auf die Gesäßtasche mit dem Geldbeutel.

Sie wollen Geld, Zeit und Effizient ins Spiel bringen? Geht es um Plagiate in veröffentlichten Arbeiten, so können diese noch nach Jahren entdeckt werden, vielleicht wenn ein neuer Karrierehöhepunkt Sie ins Scheinwerferlicht rückt, wenn eine neue Softwaregeneration zur Überprüfung entwickelt wurde, oder im Zusammenhang mit einem zufälligen Medienskandal. Werden Sie entdeckt, dann war es das natürlich mit der akademischen Laufbahn. Wenn Sie in der Folge dieses Karriereknicks vom Medianeinkommen eines promovierten Akademikers auf das Medianeinkommen des Durchschnittsbürgers fallen, entgehen Ihnen monatlich 1’600 Euro. Stehen Sie in der Mitte Ihrer Karriere, so setzen Sie knapp 300’000 Euro aufs Spiel. Lohnt sich das?

Die Qualität, die die bestellte Arbeit haben wird, entspricht nicht dem, was Sie selbst hätten leisten können. Der gewählte Schreiberling hat nicht die exakt selbe Spezialisierung wie Sie, hält sich möglicherweise schon seit Jahren nicht mehr auf dem Laufenden und hat nicht dieselben Ressourcen zur Verfügung. Die resultierenden Wissenslücken sollten Sie nervös machen. Wäre der Ghostwriter tatsächlich von Ihrem akademischen Kaliber, würde er dann nicht gerade an der eigenen Karriere feilen?

Dazu kommt, dass Sie sich auf eine mehr oder weniger kriminelle Organisation einlassen müssen. Nicht die beruhigendste Situation, in die man sich  kann. Welche Sicherheit haben Sie schon, dass das bestellte Plagiat nicht selbst zumindest teilweise aus Plagiaten besteht? Der Ghostwriter hat auf jeden Fall Anreize, Gedankengänge oder Textstellen mehrfach zu verkaufen.

Wenn Sie sich professionell mit Forschung beschäftigen möchten, aber keine Zeit zum forschen haben, dann ist es wahrscheinlich an der Zeit, Ihre Situation grundsätzlich zu überdenken. Wo können Sie Änderungen vornehmen? Lassen sich Doktoranden, wissenschaftliche Mitarbeiter oder Masterstudenten besser in Ihre Arbeit einbinden? Können administrative Abläufe effizienter gestaltet werden? Kann man sich für gewisse Aufgaben mit Kollegen zusammenschließen? Lassen Sie nichts unversucht, um Zeit für Ihre Kernaufgabe zu finden!

Und letztlich: mal im Ernst! Wollen Sie sich tatsächlich um die Erkenntnisse, die Befriedigung und die Einflussnahme bringen, die mit der Arbeit einher gehen, die Sie vermeiden wollen? Natürlich nicht! Wieso sonst hätten Sie sich für Ihr Karriereziel entschieden?

Jetzt, wo Sie den Kopf frei von Gedanken an Mogeleien haben, stehen womöglich einige Nachtschichten an. Nehmen Sie sich ruhig noch eine Minute Zeit, um sich in Erinnerung zu rufen , wieso Sie sich für diese Laufbahn entschieden haben. Machen Sie sich ein geistiges Bild vom Beitrag, den Sie mit ihrer Arbeit zu Ihrem Forschungsfeld leisten können. Sicherlich verschanzen Sie sich mit mehr Freude im Labor oder Büro, als dass Sie sich mit zwielichtigen Gestalten im Internet beschäftigen!