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Räuberische Journals und ihre dilettantischen Täuschungsversuche

publish-fakeDie Fakten sind längst auf dem Tisch und mittlerweile ist jedem Akademiker klar: Es gibt Journals, die besonderen Wert auf eine große, breite Leserschaft und atemberaubende Inhalte legen. Es gibt Titel, die sich dem wissenschaftlichen Fortschritt verschrieben haben. Und dann gibt es die Raubtiere unter den Journals. Wider jeglicher Moral, Täuschungsversuche inludiert. Gegen Bezahlung veröffentlichen sie eigentlich alles. Publikationsgebühren, die der Autor zu berappen hat, stehen kaum Ausgaben gegenüber, es entsteht ein hübscher Profit. Autoren können der nächsten Bewerbung eine zusätzliche Publikation beifügen und kommen damit manchmal durch, schaden bei Entdeckung aber ernsthaft ihrer Karriere.

Neue Journals erblicken nicht zuletzt aufgrund der Kosteneinsparungen des elektronischen Publizierens schon fast täglich das Licht der Welt, stehen jedoch erst einmal im Generalverdacht, nur aufs Geld aus zu sein. In besonderem Maß trifft dies auf Open Access Titel zu, denn was eine echte Innovation bedeuten könnte, muss sich gegenwärtig mühsam aus der Schattenwelt heraus kämpfen. Forschende, die schon längst Mühe haben, auf dem aktuellsten Stand zu bleiben, müssen neben echten Papers zusätzlich viel Wertloses durchkämmen. Wissenschaftler mit echten neuen Erkenntnissen sind gezwungen, mehr Recherche zu betreiben, um die schädlichen Journals vermeiden zu können. IIFS verkauft mittlerweile sogar gefälschte Impact Factors. Für alle Beteiligten sind die Graubereiche zwischen Journals mit wissenschaftlichem Gehalt und Publikationsfabriken ohne Review und ohne wirkliche Redaktion eine düstere Angelegenheit. Einfache Lösungen wird es nicht geben. Um der Situation dennoch eine (wenn auch minimale) positive Seite abzugewinnen, beschäftigen wir uns nachfolgend mit den komödiantischen Stilblüten und Absurditäten, die die Raubtierjournals uns bieten. Jene Titel also, die sich niveaumässig weit unterhalb des Graubereichs tummeln.

  • Ein Journalist hat ein gelinde gesagt nicht ganz problemfreies Paper angefertigt. Zu drei Vierteln aus direkten Plagiaten. Jeweils zur Hälfte aus einem Paper über Bodenqualität und einem über Blutstrukturen, mit einer Bibliographie aus der Önologie und Grafiken aus der Astronomie. Die seismischen Blutplättchen hat er gleich selber erfunden, ebenso die Wüste, auf welche sich sein Artikel bezieht, seine angebliche Universität und seinen Koautor. Resultat? Aus 18 angeschriebenen Journals waren nach dem „Review“ nur zwei nicht mit einer sofortigen Veröffentlichung einverstanden, eines bot sogar an, nötige Änderungen gleich selbst vorzunehmen. Und dann gab es für den „Autoren“ noch ein Jobangebot als Redaktor.
  • In einem ähnlichen Experiment (diesmal wurden Krebs heilende Substanzen in Flechten „entdeckt“) fand sich unter der Hälfte der 350 angeschriebenen Publikationen, die den Druck des schlechten, offensichtlich erfundenen Artikels gerechtfertigt sahen, das Journal of Experimental & Clinical Assisted Reproduction. Bleibt zu hoffen, dass die Redaktion nicht wirklich einen Zusammenhang zwischen Reproduktion, Krebs und Flechten erkennt!
  • Ein spitzbübischer Streich wurde einem akademischen Verlag vom Durchführenden dieses Experiments gespielt. Im veröffentlichten, gedruckten Text findet sich der Satz: „Dies wird wohl kein Reviewer jemals lesen.“ Wie wahr!
  • Das Center for Promoting Ideas, welches mehrere Journals veröffentlicht, hat offensichtlich seinen Namen zur amerikanischen Schreibweise geändert, nachdem die britische Variante „Centre“ trotz Adresse in New York eine Vielzahl an Statements hervorgerufen hatte. Der Chefredaktor mit dem etwas verdächtigen Namen „Dr. John Smith, Jr.“ durfte allerdings bleiben. (Falls Sie Interesse an einem Redaktorenposten haben: Das CPI sucht zur Zeit noch Kollegen für Dr. Smith!)
  • Das International Journal of Arts and Commerce teilt sich seine Adresse mit einem Büro, welches internationale Geldtransfers anbietet. Merkwürdig, nicht?
  • Ein weiterer Kandidat, der deutliche Probleme mit der Rechtschreibung, aber auch mit Copyright Gesetzen hat, ist The International Journal of Science and Technoledge (ja, Technolegde…). Ein Auszug aus der betreffenden Website: „Licensed under Creative Commons, protected by Copyscape, do not copy“. Zu deutsch: „Kopieren erlaubt, bitte nicht kopieren!“

Die Liste könnte fast beliebig fortgesetzt werden, denn zu schmunzeln gibt es im Wilden Westen der akademischen Publikationen so einiges. Wirklich lustig ist der Stand der Dinge aber eindeutig nicht. Leider bleibt den Autoren, Lesern und Entscheidungsträgern bei Einstellungen und Fördergeldvergaben daher nur eines übrig: Jeden Artikel und jedes Journal, welches auf ihrem Schreibtisch landet, einzeln zu evaluieren. Die Probleme sind dabei allerdings nicht immer so offensichtlich wie bei den obigen Beispielen. So war Open Access eigentlich nicht gedacht.