Aus der Katgorie: Eigenfactor

Alles, was Sie über den Eigenfactor wissen müssen

eigenfactor_logoDer Eigenfactor drückt aus, wie oft ein publiziertes Paper zitiert wird und wie prominent die Zitate erscheinen. Wird eine Studie durch eine Koryphäe in einem viel beachteten Titel erwähnt, so treibt dies den Eigenfactor des Journals, in welchem die Studie erschienen ist, merklich hoch. Findet die Studie hingegen nur in Publikationen Beachtung, die selbst eher selten zitiert werden, so ist der Einfluss auf den Eigenfactor zwar positiv, aber gering. Die Berechnung basiert auf einer Netzwerkanalyse, bei welcher Journals die Knotenpunkte und Zitate die Verbindungen bilden. Der genaue Algorithmus ist in mehreren Publikationen präsentiert worden und wird auch auf der Eigenfactor Website erläutert. Die Berechnung ist also so transparent wir möglich. Dies ist im gegenwärtigen Umfeld besonders positiv zu werten, in welchem Journals immer wieder in Verdacht geraten, ihren Impact Factor durch Verhandlungen mit dem Herausgeber dieser Kennzahl zu beeinflussen. Die Datengrundlage für den Eigenfactor bilden die Zitate der letzten fünf Jahre in Journals, die in Web of Science indexiert sind. Die Rohdaten stammen aus Thomson Reuters Journal Citation Reports. Der Eigenfactor wird jährlich neu berechnet, die aktuellste Version ist von 2011.

Wozu eignen sich der Eigenfactor und der Article Influence Score?

Da die gewichteten Zitate pro Journal summiert werden, bedeuten mehr Artikel pro Ausgabe oder mehr Ausgaben pro Jahr einen höheren Eigenfactor. Dieser eignet sich also für eine Gegenüberstellung mit dem Journalpreis. Wer jedoch an Durchschnittswerten pro Artikel interessiert ist, dem sei der Article Influence Score empfohlen. Dieser gibt den Eigenfactor pro Artikel wieder, wobei auf 1 normiert wird. Ein Journal mit einem Article Influence von über 1 ist also innerhalb der Web of Science Titel überdurchschnittlich einflussreich. Beide Kennzahlen stehen momentan für gut 12.000 Journals und über 14 Jahre zur Verfügung.

Die Korrelation zwischen Article Influence und Impact Factor ist hoch, mit Ausnahme der Bereiche Ökonomie und Mathematik. Hier liegt der Article Influence jeweils weit höher, als dass der Impact Factor vermuten lassen würde. Dies liegt daran, dass Artikel dieser Felder weniger oft zitiert werden, wodurch das einzelne Zitat umso einflussreicher ist und stärker gewichtet wird.

Wer hat die höchste Punktzahl?

Die Champions des Article Influence sind die Titel Reviews of Modern Physics, Cancer Journal for Clinicians und Nature Reviews Molecular and Cell Biology. In der Kategorie Eigenfactor sieht das Podest folgendermaßen aus: Nature, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America und Science. Namen also, die auch aus der Impact Factor Hitliste bekannt sind. Schlusslichter sind die Journals Filosofija-Sociologija und Actual Problems of Economics.

Der Eigenfactor bietet mehrere klare Vorteile gegenüber dem etablierten Industriestandard. Dennoch wird er es schwer haben, sich zu etablieren. Einige akademische Papers, welche versuchen, den Stand der Wissenschaft zu erfassen, nutzen diese Kennzahl bereits. Ob sie auch breitere Anwendung finden kann, wird sich zeigen müssen.

Vom Impact Factor zum Eigenfactor: Ein großer Schritt?

Impact EigenfactorDer Impact Factor wurde nicht zu dem Zweck kreiert, für den er heute meist verwendet wird. Entsprechend eignet er sich nicht optimal dazu, die Bedeutung der Arbeit eines Wissenschaftlers zu quantifizieren. Die Kennzahl entsprang ursprünglich der Idee, Universitätsbibliothekare bei der Einkaufsentscheidung zu unterstützen. In diesem Szenario werden zusätzlich zahlreiche weitere Kennzahlen wie Preis, Auflage, Nachfrage und Verfügbarkeit in Partnerbibliotheken zurate gezogen, wenn die Profis in den Büros der Bibliotheken versuchen, mit einem limitierten Budget die bedeutendsten Publikationen des jeweiligen Feldes zu erwerben. Für sie ist also wichtig zu wissen, wie viel Neues und wie viel Relevantes in jeder Ausgabe steckt. Dies kann über die durchschnittliche Anzahl an Zitaten näherungsweise nachvollzogen werden. Entscheidend ist, dass die Grundeinheit beim Einkauf die Ausgabe (im Normalfall eine Serie von Ausgaben) ist und nicht einzelne Artikel. Durchschnittswerte pro Artikel oder pro Ausgabe sind in diesem Zusammenhang daher eine sinnvolle Einheit. Dies trifft selbstverständlich nicht zu, wenn die Arbeit eines Forschenden evaluiert werden soll, in welchem Fall die Qualität eines einzelnen Papers relevant ist. Der Impact Factor wird nicht selten von wenigen Artikeln getrieben (oft Review Artikel ohne Neuerkenntnisse), die überdurchschnittlich viele Zitate auslösen, ohne, dass sich die hohe Qualität durch alle Artikel des Journals zieht.

Ein Neuling betritt die Bühne

Von ähnlichen Problemen wird auch der Eigenfactor (Zitate pro Journal) und der abgeleitete Article Influence Score (durchschnittliche Zitate pro Artikel) heimgesucht, weshalb wir unsere wichtigste Schlussfolgerung bereits an dieser Stelle anbringen können: Der Eigenfactor kann definitiv nicht die Kontroverse um den Impact Factor wegzaubern, indem er ein schlechtes Maß mit einem guten ersetzt. Als ob diese Behauptung noch zusätzlich unterstrichen werden müsste, kommt hinzu, dass beide Kennzahlen sich auf Zitate in Journals beschränken, welche in Thomson Reuters Web of Science indexiert sind. In einem anderen Punkt kann das neue Maß, das dem Urgestein Impact Factor seit 2007 Konkurrenz macht, aber echte Abhilfe leisten: Die Berechnungen basieren hier nämlich nicht auf einem simplen Zählen von Zitaten. Stattdessen hat ein Zitat in einem Nature Artikel mehr Einfluss als eine Erwähnung durch einen unbekannten Autoren in einem obskuren Journal (Nature wird hier übrigens berechtigterweise als Synonym für eine prestigeträchtige Publikation angeführt: Es ist sowohl in der Eigenfactor Skala als auch in puncto Impact Factor ganz vorne mit dabei). Die Eigenfactor Algorithmen sollen der Google Page Rank Logik ähnlich sein, wobei letztere als Firmengeheimnis gehütet wird und erstere hier im Detail erklärt werden.

Hausaufgaben entfallen weiterhin nicht

Letztlich kann der Schluss gezogen werden, dass der Article Influence Score die komplexere und wahrscheinlich sinnvollere Kennzahl hinsichtlich der Messung des Einflusses eines Journals ist. Allerdings fegt einen auch dieser neue Factor nicht wirklich vom Hocker, da ein „viel beachtetes Journal“ eben nicht mit einem „guten Autor“ gleichzusetzen ist. Wir wiederholen unser Mantra zum Mitsingen: Wenn Sie ein Bibliothekar sind, machen Sie ihre Hausaufgaben und beachten alle Aspekte der Kaufentscheidung; wenn Sie die Leistung eines Wissenschaftlers beurteilen müssen, machen Sie ihre Hausaufgaben und lesen dessen Arbeiten gründlich; wenn Sie ein Autor auf der Suche nach der optimalen Platzierung für Ihr Paper sind, machen Sie Ihre Hausaufgaben und überlegen sich genau, wer Ihren Artikel lesen würde und welche Journals sich an diese Zielgruppe richten! Kennzahlen – auch gute Kennzahlen – sind und bleiben eine Ergänzung zur nötigen Recherche, jedoch kein Ersatz.