Aus der Katgorie: Verfasser

Wer kann helfen, wenn es Doktorvater oder -mutter nicht können?

Dissertation AloneIm Optimalfall hat der Betreuer einer Doktorarbeit fachliches Interesse an der Dissertation „seines“ Doktoranden und gibt Input zu Inhalt und Methoden, motiviert aber auch, am Ball zu bleiben und unterstützt bei Networking und Karriereplanung. In der Realität hingegen steht die Arbeitsbelastung des Betreuers meist nicht hinter der des Doktoranden zurück. Es ist schwierig, Termine zu planen und auch der Betreuer kennt nicht auf jedes fachliche Problem die optimale Antwort. Unterschiedliche Positionen auf den Hierarchiestufen können es schwierig machen, sich auf ein gemeinsames Brainstorming einzulassen. Einige Akademiker sind Koryphäen, aber keine Kommunikatoren. Andere sind eher am Beitrag des Doktoranden zum Lehrauftrag des Instituts interessiert, als am Fortschritt der Dissertation. Und ab und zu verstehen sich Doktorand und Mentor schlicht menschlich nicht, oder zerstreiten sich im Lauf des Projekts.

Fragen, austauschen, untertauchen: Hilfe aus dem Internet

Wenn die Kommunikation ganz zusammengebrochen ist, oder (häufiger) ergänzende Informationen zu gehetzten Gesprächen zwischen Tür und Angel gesucht werden, wenn Organisationstipps oder schlicht Trost gefragt sind, ist die Situation nicht hoffnungslos: Schließlich bietet das Internet nicht nur das gesammelte Wissen der Menschheit – sondern auch Kontakt zu jenen, die diese Sammlung ständig erweitern und ergänzen. Als regelmäßiger Leser des Enago Blogs wissen Sie natürlich um die Nützlichkeit von Informationen und Tipps zum akademischen Leben und Schreiben! Weitere Beispiele von Anlaufstellen für praktische oder inhaltliche Fragen, für den Austausch von Informationen, Erfahrungen und Gefälligkeiten oder auch um einfach mal Dampf abzulassen (anonym oder nicht) und Mitkämpfer zu finden, sind etwa die internationalen Communities postgrad forum und versatile PhD, das deutschsprachige Doktorandenforum, oder das Doktoranden Netz. Auch Blogs sind eine effiziente Art, an neue und aufgearbeitete Informationen zu gelangen, die wichtige Diskussionen ins Rollen bringen können. The Thesis Whisperer ist besonders beliebt.

„Offline“ Angebote nicht vergessen

Nicht nur die Anonymität des Internets kann Gespräche ermöglichen. Viele Doktoranden haben das Gefühl, dass sie sich innerhalb ihrer Fakultät oder Institution nur an ihren Betreuer wenden sollten. Oft aber ist der Austausch mit Kollegen, die möglicherweise ähnliche Sorgen plagen, hilfreich, und nicht selten stehen auch erfahrenere Kollegen, die nicht direkt in die eigene Dissertation involviert sind, gerne mit Rat zur Seite. Viele Fakultäten bieten Beratungsstellen an, etwa solche für emotionale und geistige Gesundheit. Oft ist es möglich, Lehrveranstaltungen zu Projektmanagement, Präsentationstechniken, akademischem Schreiben und anderen relevanten Themen zu besuchen. Fachliche Fragen oder Gedankenexperimente können gute Gründe sein, Kontakte zu reaktivieren, mit denen man zum Beispiel an einer Konferenz über Ähnliches gesprochen hat.

Allerdings können solche Anlaufstellen nicht nur Teil der Lösung sein, sondern auch Probleme schaffen oder verlagern: Wer sich statt auf Facebook im sozialen Netzwerken mit PhD-Bezug verliert, hat wenig getan, um dem Titel näherzukommen. Wenn das Surfen oder auch die realen Kaffeeverabredungen im Pausenraum zu ziellos werden, ist es an der Zeit, die Strategie zu überdenken.

Schließlich gibt es auch eine zeitsparende Anlaufstelle für jene, die mit einer gehörigen Portion Selbstironie über die eigenen Unzulänglichkeiten, den manchmal schwierigen Alltag und die bizarren Situationen schmunzeln möchten, die sich eben nur während des Doktorats ergeben können: Die allseits beliebten PhD Comics.

Reihenfolge der Autoren: Wer darf zuerst?

Reihenfolge AutorenSeinen Namen auf der Titelseite eines publizierten Papers zu lesen ist nicht nur schmeichelhaft, sondern hat bekanntermaßen konkrete Auswirkungen auf die Türen, die sich einem Autor öffnen. Längst ist im akademischen Kontext „Autor sein“ nicht mehr an das Verfassen eines Artikels gebunden. Wer ein Projekt anreißt oder entwirft, ein Experiment organisiert oder durchführt, Daten sammelt oder analysiert ist oft nicht dieselbe Person, welche die finale Schreibarbeit leistet. So wird die Liste der Autoren immer länger, denn auch wer nur unterstützend mitgewirkt hat, möchte genannt werden. Seinen Lebenslauf um eine Publikation zu erweitern ist zwar weiterhin von großer Bedeutung, eine Nennung als Autor ist jedoch mit weniger Lorbeeren verbunden, wenn die halbe Fakultät auf dem Titelblatt genannt ist. Umso wichtiger wird die Reihenfolge, in welcher Autoren aufgelistet werden, denn so kann sich die treibende Kraft hinter einem Artikel vom akademischen Hilfsarbeiter abheben – vielleicht. Das Thema ist nämlich ebenso kontrovers wie die internen Diskussionen bisweilen bitter sind. Obwohl sich noch keine universellen Richtlinien herauskristallisiert haben, kann eine „falsche“ Reihenfolge bei Entdeckung als Fehlverhalten interpretiert werden. Massig Spielraum für Konflikte, Intrigen und Dramen. Die folgende Liste gibt eine Übersicht über die widersprüchlichen Konventionen in den verschiedenen Fachrichtungen.

Mathematik, Wirtschaftswissenschaften, Physik:

Hier ist die Handhabe unkompliziert und klar: Endlich kommen die Albrechts und Bauers, die in der Schule immer als erste vortragen mussten, zu einer späten Genugtuung, denn Autoren werden in diesen Disziplinen überwiegend in alphabetischer Reihenfolge genannt.

Biologie und Medizin:

In den anwendungsorientierten Fachbereichen ist die Regelung etwas ambivalenter, aber gut etabliert: Der ersten und letzten Position kommt eine besondere Bedeutung zu: Der Laborleiter wird zuletzt aufgeführt. Dies ist die Person, welche die Gesamtübersicht über die Forschungsarbeit haben sollte, welche meist als korrespondierender Autor fungiert und welche üblicherweise für den Forschungskredit gerade steht. Die erste Nennung steht jener Person zu, welche die bedeutendste Leistung erbracht hat. Was die Reihenfolge „der Mittleren“ bestimmt, ist weniger klar definiert. Die Regelung mag zwar nicht alle Unklarheiten beseitigen, aber immerhin ist sie so gebräuchlich, dass diese – etwas humoristische – Untersuchung sich auf die Anwendung der Richtlinie verlassen konnte: Sie geht der Frage nach, ob eine Konferenz sich eher an theoretische oder anwendungsorientierte Forschende im Bereich IT wendet, indem sie untersucht, ob die Autoren der eingereichten Papers alphabetisch geordnet sind (was auf einen Hintergrund in einem Theorie-basierten Fach hindeutet) oder nicht (was auf anwendungsorientierte Forschung schlissen lässt). Der Autor der Studie musste sich übrigens auf keinerlei Diskussionen einlassen: Er ist mit dem Namen Appel, A.W. nicht nur alphabetisch im Vorteil, sondern er ist in diesem Fall auch der alleinige Urheber.

Sozialwissenschaften:

Der Einzelautor ist hier nicht so selten geworden wie in anderen Feldern, und vielleicht liegt darin der Grund, dass sich in diesem Fachbereich noch keine klare Richtlinie herausbilden konnte.

Solange Publikationen die Triebfeder der Forschung bleiben, darf nicht damit gerechnet werden, dass die Diskussionen um Autorschaft und Reihenfolge der Nennung in den Labors und Institutsbüros demnächst wesentlich entspannter geführt werden. Einige Institute haben eigene Richtlinien formuliert, und die Anzahl der Journals nimmt zu, welche zu jedem Autor ein kurzes Statement verlangen, um den jeweiligen Beitrag zu beschreiben. Bis dies zur universellen Praxis wird, oder bis die Ausnahmen zu den fachspezifischen Richtlinien abnehmen, bleibt die Reihenfolge der Autoren aber eine Kombination aus Streitthema und Rätselraten.

Wer ist der Autor?

Nur selten entsteht ein Paper durch die Arbeit einer Einzelperson. Im Normalfall handelt es sich um eine Gruppenleistung, oft sind mehrere Labors oder Institute involviert, manchmal sogar Teams aus verschiedenen Disziplinen. Da es keine bindenden Richtlinien und nicht einmal eine einheitliche Konvention darüber gibt, wer es verdient, als Autor genannt zu werden, kommt es diesbezüglich hinter den Kulissen oft zu Konflikten. Nicht nur die Frage, wer die Autorenschaft verdient, kann zum Streitpunkt werden, auch die Reihenfolge der Nennung wird zum Thema.

 

Klar ist bei der Reihenfolge der Autoren nur soviel: Sie ist wichtig

Dem erstenAuthorship und letzten Namen kommt eine besondere Bedeutung zu, die Mitte ist wenig begehrt. Dabei ist noch nicht einmal klar, was denn die „Randpositionen“ zu bedeuten haben! Einer Konvention zufolge hat der erstgenannte Autor, der dann in Zitaten am sichtbarsten ist („Mustermann et al.“), den wichtigsten Beitrag geleistet. Die letztgenannte Person ist oftmals der Vorsteher des Instituts, der die Gesamtübersicht haben sollte und von dem einige Journals die Zusicherung verlangen, alle Daten und Interpretationen überprüft zu haben. Dies wird aber längst nicht immer eingehalten, andere Möglichkeiten sind die Nennung in absteigender Reihenfolge des geleisteten Beitrags (ohne die Sonderstellung des Letztgenannten) oder eine alphabetische Reihenfolge. Das gewählte Modell explizit zu nennen ist zwar möglich, aber selten. Ob der „wichtigste Beitrag“ vom Projektleiter und Entscheidungsträger geleistet wurde, oder von der Person, die am meisten Zeit investiert hat, ist eine weitere Unsicherheit. Durch entsprechende Vermerke gleich mehreren Autoren den Status des „Erstgenannten“ zukommen zu lassen, ist eine eher neue Erscheinung. Mit der zunehmenden Popularität von kooperativer Forschung ist es wohl eine Frage der Zeit, bis auch mehrere „Letztgenannte“ auftauchen. Ob korrespondierender Autor zu sein eine besondere Würde oder eine reine Administrationsaufgabe ist, steht ebenfalls zur Diskussion, auch wenn ersteres die üblichere Interpretation ist.

Unklarheiten und unethische Tricks

Zu diesen Unklarheiten kommt bisweilen noch absichtliches Fehlverhalten, etwa bei der sogenannten Ehrenautorenschaft. Dabei wird der Autorenliste noch ein „großer Name“ beigefügt, auch wenn diese Person kaum oder gar nicht an der Forschung beteiligt war. Mitunter weiß der Ehrenautor noch nicht einmal von seinem Glück. Diese bizarre Art, von der Reputation einer Koryphäe zu profitieren, findet laut einer Untersuchung bei jedem sechsten Artikel Anwendung. Besonders frustrierend für den Doktoranden, der viel Zeit und Energie investiert hat und gar nicht, oder nur in der Danksagung erwähnt wird! Licht ins Dunkel bringen können in dieser verworrenen Situation Journals, Institute und Forschende selbst.

Klarheit schaffen können Journals, Institute oder Forschende

Pioniere unter den Redaktionen machen der Spekulation darum, wer was geleistet hat, ein Ende, indem sie zu jedem Autor eine kurze Stellungnahme verlangen, die den jeweiligen Beitrag zum Artikel erläutert. Einige Journals veröffentlichen diese Statements (etwa das Journal of the American Medical Association, das British Medical Journal oder Radiology), andere verwenden sie nur intern (so wie Science, Nature und Proceedings of the National Academy of Sciences).

Manche Hochschulen oder Institute haben ein Punktesystem entwickelt, indem beispielsweise 200 Punkte für die Datenanalyse je nach Beitrag auf die Personen aufgeteilt werden, die zu diesem Schritt beigetragen haben. Weitere Punkte gibt es für Idee, Design, Verfassen des Artikels, etc. Wer eine gewisse Mindestpunktzahl erreicht, wird als Autor aufgeführt, die Reihenfolge der Autoren kann ebenfalls nach Anzahl Punkten erfolgen. Solche Systeme können aber auch zu einer Scheinobjektivität führen, die das Problem nur verschiebt. Die Entscheidung darüber, wer wie viele Punkte erhält, bietet nach wie vor Konfliktpotential.

Geben weder der Arbeitgeber noch das angestrebte Journal klare Richtlinien vor, macht es Sinn, die Frage der Autorenschaft, die Namen in der Danksagung und die Reihenfolge der Nennung schon frühzeitig innerhalb des Forscherteams zu besprechen, um spätere Enttäuschungen und Konflikte zu vermeiden. Kann keine einhellige Lösung gefunden werden, ist der Beginn eines Projekts auch der beste Zeitpunkt, die Ombudsstelle, Beratung oder Institutsleitung zu kontaktieren, welche an den meisten Einrichtungen für solche Fälle zur Verfügung stehen.

Diese individuellen Lösungen tragen jedoch wenig zu einem allgemeinen Standard bei, der die Verwirrung beenden könnte. Verschiedene Richtlinien wetteifern gegenwärtig darum, eine konkrete Etikette zu etablieren und tragen damit nur noch mehr zur unklaren Lage bei. Erfolgsaussichten haben am ehesten noch fachspezifische Konventionen. Unglücklich wäre, wenn eine potentielle Neuauflage einer informellen Umfrage aus dem Jahr 1995 zum selben Schluss käme, wie das Original: Dass nicht einmal Redaktoren von Journals eines genau abgegrenzten Bereiches sich darüber einig sind, was die Liste und Reihenfolge der Autoren zu bedeuten hat!