SCIgen – Fluch oder Segen für den Wissenschaftsbetrieb?

11 April 2014  |  Geschrieben in Forschung und Schreiben, Publikation   |  Schreiben Sie einen Kommentar »

Forschungsartikel 2.0 – SCIgen. Vor kurzem hat man entdeckt, dass zahlreiche wissenschaftliche und akademische Artikel vollständig von einer Computersoftware, einem Forschungsartikelgenerator, erzeugt wurden. Erstaunlicherweise fanden viele der Artikel, die von dieser Computersoftware generiert wurden, Aufnahme in einigen der angesehendsten medizinischen, wissenschaftlichen und akademischen Zeitschriften die es gibt. Einige Artikel waren, obwohl sie eindrucksvoll aussahen und mit komplexen Formulierungen und langen Wörtern versehen waren, einfach nur Kauderwelsch und ziemlich lächerlich, was man als Fachman bereits bei nur flüchtigem Durchlesen hätte erkennen können. Es ist immer noch nicht restlos geklärt, wieso verschiedene akademische Zeitschriften diese Artikel publiziert haben, da doch im Allgemeinen vorausgesetzt wird, dass gerade diese Zeitschriften die eingereichten Beiträge einem langen Prüf- und Bewertungsverfahren unterziehen.

SCIgenMan kann nur vermuten, dass die Lektoren und begutachtenden Fachexperten der verschiedenen Zeitschriften und anderen Fachpublikationen entweder zu beschäftigt waren, um die eingereichten Artikel einer Prüfung zu unterziehen, oder dass sie einfach von der oberflächlichen Erscheinung dieser Artikel beeindruckt waren. So teuflisch kann ein Forschungsartikelgenerator leider sein.

Wie der Forschungsartikelgenerator entstanden ist
Ein beliebtes Forschungsgenerierungsprogramm, das vom Massachusetts Institute of Technology entwickelt wurde und SCIgen heißt, generiert mit Leichtigkeit beliebige Forschungsberichte aus den Computerwissenschaften. Die Artikel enthalten alle erforderlichen Diagramme, Verweise und Zahlen, die eine Arbeit dieser Art allein schon durch die eindrucksvolle Aufmachung hervorstechen lassen würden. Die Fähigkeit von SCIgen kontextfrei zu texten wurde entwickelt, um die schnelle Entlarvung durch Plagiatserkennungssoftware zu verhindern, und die erzeugten Texte sind so nichtssagend , unauffällig und widerspruchsfrei, dass die generierten Artikel scheinbar niemandem aufgefallen sind, als sie ihren Weg durch den Review-Prozess der Zeitschriften und Publikationen gemacht haben, bei denen sie eingereicht wurden.

Forscher des MIT, die SCIgen entwickelt haben, geben bereitwillig zu, dass sein Nutzen im Unterhaltungswert und nicht in einer Vermehrung des Wissensvorrats liegt, aus dem SCIgen selbst seine Quellen bezieht. Tatsächlich lasen sich viele der Artikel von SCIgen, darunter auch jene, die in in so manch ein wissenschaftliches Magazin aufgenommen wurden, für jene Menschen, die von der Thematik, um deren Diskussion es den Zeitschriften ging, etwas verstanden, ziemlich inkoherent. MIT-Forscher geben zu, ziemlich erheitert gewesen zu sein, als sie sahen, wie die Abgehobenheit und Selbstgefälligkeit gewisser Zeitschriften einen ziemlichen Dämpfer erfuhr, als sie feststellen mussten, dass einige der publizierten Artikel in Wahrheit das Produkt eines automatischen Artikelgenerators waren.

Die Generatorprogramme zeigen die Schwächen des Systems auf
Akademiker, insbesonde wenn sie eine Professur jeglicher Art an einer Universität halten, sehen sich gezwungen, eine bestimmte Anzahl von Forschungsberichten zu publizieren, typischerweise jährlich oder während einer vorgegebenen Anzahl von Jahren. Die Zahl der pro Jahr bei den verschiedenen Zeitschriften eingereichten Forschungsberichte – die Chancen stehen auch gut, dass es für jede akademische und wissenschaftliche Disziplin die eine oder andere Zeitschrift gibt – geht in die Hunderttausende, und viele der Artikel tragen tatsächlich zum Wissensgewinn bei. Allerdings fällt es bei dieser großen Anzahl der von zahlreichen Wissenschaftlern eingereichten Artikel dem Forschungsartikelgenerator nicht schwer, die inhärenten Schwächen des Bewertungsverfahrens aufzuzeigen.

Fest steht, dass kein Bewertungsteam bei einer Zeitschrift, kein Fachkollege oder Redakteur überhaupt in der Lage ist, alle eingereichten Artikel der erforderlichen Prüfung zu unterziehen. In Wahrheit ist es so, dass die Zeitschriften jedes Jahr von einer Flutwelle von Einreichungen überrollt werden, und manchmal stammen diese von Wissenschaftlern, die sich unter dem als Motto “publish or perish” bekannten und mit dem Streben nach einer festen Anstellung verbundenen Veröffentlichungsdruck befinden. Aufgrund der horrenden Menge der eingereichten Artikel kann man verstehen, wie ein Forschungsartikelgenerator Zeitschriftenredakteure und Herausgeber, die nicht darauf vorbereitet waren, so leicht täuschen konnte und verleiten konnte, eine zufallsgenerierte “wisschenschaftliche” oder “akademische” Arbeit zu akzeptieren.

Extrapolieren Sie nun von den zunehmenden Fähigkeiten der Computer auf ein sich in Weiterentwicklung befindendes automatisches Artikelgenerierungssoftwarepaket und machen Sie das alles zugängig für Studenten aller Schulstufen und Studien- und Forschergrade. Man schaudert bei dem Gedanken an die Art und Qualität der akademischen und wissenschaftlichen Berichte, die bald die Allgemeinheit beglücken werden, so lustig so etwas auch manchmal sein kann.

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