Schlagwörter Archiv: Journals

Konzentriert, aber diesmal anders: Neuerliche Übernahmewelle bei akademischen Verlagen

scholarly-journals-a-big-businessUmbrüche sind für Verlage von akademischen Journals und Büchern nichts Neues. Die 70er Jahre waren für diesen Markt bereits eine prägende Zeit. Bis dahin wurden akademische Magazine hauptsächlich von Instituten und Gesellschaften herausgegeben, die nicht profitorientiert arbeiteten, während kommerzielle Verlage eher ein Nischendasein fristeten. Nun aber nahmen Ausgaben für die Forschung global stark zu. Mehr Akademiker produzierten mehr Artikel. Durch die erhöhte Konkurrenz begann sich die „Journalhierarchie des Prestiges“ zu festigen, die wir heute noch kennen. Der Wert jener Titel, die obenauf schwammen, stieg. Kommerzielle Verlage witterten ein Geschäft, weiteten ihre Aktivitäten aus und wurden zum wichtigen Faktor.

Steigende Budgets

Ab den späten 80er Jahren kam es zu neuen Turbulenzen. Zusätzliche Journals strömten weiterhin von überall her auf den Markt. Während der Pool an wissenschaftlichen Arbeiten wuchs und die Seiten gefüllt werden konnten, vergrößerte sich die Leserschaft nicht im selben Tempo. Neue Konkurrenten hatten zur Folge, dass etablierte Titel Leser verloren. Um trotzdem Profite einzufahren, wurde Effizienz für jene Titel immer wichtiger, die Aktionäre zufriedenzustellen hatten. Einige wenige Verlagshäuser kauften jene auf, die dem Druck nicht standhalten konnten und wuchsen durch diese Strategie zu wahren Giganten heran: Reed Elsevier verdoppelte seinen Marktanteil in den 90ern und überragt heute noch bei weitem die anderen Größen der Zunft, Wiley-Blackwell und Springer. Das Trio gibt zusammen zwei Fünftel aller Journalartikel heraus. Parallel zu dieser Aktivität führten die traditionellen Herausgeber von Journals ihre Arbeit jedoch unbeirrt fort, denn ihre Mission die Wissenschaft voranzutreiben und den „eigenen“ Autoren eine Plattform zu bieten, ohne dabei finanziellen Gewinn anzustreben, hatte sich ja nicht verändert.

Schrumpfende Budgets und das e-Book

Nun beobachten wir eine weitere Übernahmewelle in der akademischen Verlagswelt, diese findet allerdings in einem komplett anderen Umfeld statt. Preise von Topjournals haben sich in luftige (oder lächerliche?) Höhen verabschiedet. Für Titel, die vor 30 Jahren mit 10-Dollar Noten bezahlt wurden, wären heute Tausenderscheine nötig. Einkäufer stellen sich solchen Rechnungen bewaffnet mit Bibliotheksbudgets, an welchen jedes Jahr aufs Neue der Rotstift angesetzt wird. Um die Elitepublikationen weiterhin kaufen zu können sind sie gezwungen, auf die Anschaffung von wissenschaftlichen Büchern und Monographien zu verzichten, immer häufiger werden auch Journals von den Regalen genommen. Gleichzeitig findet eine massive technische Umwälzung statt: Das e-Book und das Online Journal sind definitiv salonfähig geworden. Dies hat zweierlei zur Folge: Einerseits sind viele Verlage gezwungen, ihre Tore zu schließen, besonders kleinere Unternehmen, die auf physischen Druck und auf Monographien gesetzt hatten. Andererseits haben Digital Content Providers ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell vorzuweisen. Sie bieten Verlagen die technische Plattform, um ihre Inhalte digital zu präsentieren. In diese Kategorie fällt etwa HighWire Press, welches kürzlich von der Stanford University an den Private Equity Investor Accel-KKR überging. Laut Elsevier war die technische Plattform auch die Triebfeder ihrer Übernahme von Mendeley vor anderthalb Jahren. Kaum eine Transaktion der aktuellen Übernahmewelle wird wohl so heiß diskutiert werden wie die Hochzeit des Giganten, der mit schummrigen Hinterzimmermanövern Monopolrenten solange auf die Spitze getrieben hatte, bis ein Käuferboykott folgte, mit dem Start-up, das doch sehr einer Filesharingplattform für eigentlich geschützte akademische Texte glich.

Auch wenn andere Übernahmen weniger spektakulär und kontrovers sind: In der Summe bedeuten sie eine grundsätzliche Neuausrichtung der akademischen Verlagslandschaft. Die Zukunft liegt vielleicht in Open Access, und sicherlich in der digitalen Publikation.

Geheime Journalpreise ermöglichen Verlagen Abzockerei

Journal abzockeIn Expatgemeinschaften an Orten, wo nicht alle gewohnten Güter im Supermarkt zur Verfügung stehen, ist es üblich, dass sich jene, die vom Heimaturlaub zurückkehren, ihre Koffer mit den vermissten Produkten füllen. Was nicht schon an Freunde versprochen wurde, wird dann verkauft, meist über Gruppen in sozialen Netzwerken und mit dem Vermerk „Preis auf Anfrage“. Wieso laden sich die Verkäufer den zusätzlichen Aufwand auf, dutzende Mails mit Preisanfragen zu beantworten, statt die Information öffentlich zu machen? Natürlich geht es um die Steigerung der Marge, denn aus den Onlineprofilen lässt sich eine gute Schätzung von Kaufkraft und Zahlungsbereitschaft der Interessenten ableiten. Was in der Wirtschaftstheorie „Preisdiskriminierung“ genannt wird, ist ein altbewährtes Mittel, um höhere Profite zu erzielen. Nach exakt diesem Modell funktionieren auch die Preispläne von kommerziellen akademischen Verlagshäusern.

Kein fairer Preis für Journals

Drei Elemente sind in diesem Business vorhanden, die verhindern, dass es zu einer echten Konkurrenzsituation kommt und damit die Preise auf ein faires Niveau gedrückt würden: Einerseits streichen die Verlagshäuser Erträge ein, müssen aber nicht für den Forschungsaufwand aufkommen, der hinter den Artikeln steht. Dieser wird von den Instituten und Labors über Forschungsgelder bestritten. Zweitens sind Papers nicht einfach austauschbar: Bahnbrechende Erkenntnisse von gewichtigen Forschern müssen den Berufskollegen zur Verfügung stehen, damit diese darauf aufbauen können. Besonders die Artikel am oberen Ende der Prestigeskala (und damit die Journals mit Peer Review, die sie veröffentlichen) bilden eine Art Minimonopol. Als ob diese beiden Punkte noch nicht reichen würden, um einen ordentlichen Profit zu machen, haben sich die großen Verlagshäuser zusätzlich auf den dritten Punkt spezialisiert: Preisdifferenzierung.

Abzockerei durch Geheimhaltung

Wie bei der privaten Nachricht im sozialen Netzwerk ist die Diskriminierung nur möglich, weil eine Universitätsbibliothek nicht erfährt, was die andere für dasselbe Journalpackage bezahlt. Auch Universitäten rechtfertigen ihre Studiengebühren mit hohem Prestige. Eine hochklassige Forschungsuni kann es sich schlicht nicht leisten, den Studierenden und Forschenden ein wichtiges Journal aus Kostengründen nicht zur Verfügung zu stellen. Ihre Preisbereitschaft ist sehr hoch. Verlage wollen diese Bereitschaft in hohe Rechnungsbeträge ummünzen und sich dennoch die Freiheit bewahren, bei weniger exklusiven Einrichtungen die Preise niedrig genug anzusetzen, um einen weiteren Verkauf abschließen zu können. Dies macht die Geheimhaltungsklauseln nötig, welche Kunden verbieten, abgelieferte Beträge öffentlich zu machen. Solche Bestimmungen sind bei den gewichtigen Verlagen üblich. Im Gegensatz zum Fall des Nostalgieprodukts aus dem Koffer des Facebook-Kontaktes geht es hier jedoch um Millionenbeträge, die jährlich fällig werden. Neben dem Abschöpfen der Preisbereitschaft erlaubt die Geheimnistuerei den Verlagen auch, das beschränkte Verhandlungsgeschick einiger Kunden knallhart auszunutzen, was sich in der Summe in Margen niederschlägt, die durchaus 30% überschreiten.

Die Daten endlich ans Licht gebracht

Dankenswerterweise hat eine Gruppe von Autoren kürzlich eine legale Handhabe gefunden, um die Geheimhaltungsklauseln außer Kraft zu setzen. So konnten sie Daten aus 350 amerikanischen Verträgen sammeln und die bezahlten Preise pro Zitat errechnen. Die Erkenntnisse in ihrer Publikation bestätigen, was schon lange vermutet wurde:

  • Profitorientierte Verlage verlangen höhere Preise, als nicht-profitorientierte.
  • Universitäten, die viel Forschung betreiben und folglich eine hohe Zahlungsbereitschaft haben, bezahlen im Vergleich zu Einrichtungen, die eher auf die Ausbildung konzentriert sind, über doppelt so hohe Preise pro Artikel derselben Qualität.
  • Einige Bibliotheken konnten für dasselbe Journalbündel jährliche Preissteigerungen von 1% aushandeln, während sich andere mit 5% einverstanden zeigten.

Einige „marktfeindliche“ Elemente erwachsen aus der Natur der Forschung, die weder ein rein kommerzielles Gut ist, noch sein sollte. Wie der Publikationsbetrieb organisiert werden soll, um dieser Tatsache zu begegnen, ist strittig. Open Access kann einige Probleme lösen, birgt ab auch Nachteile. Die Diskussion um Geheimhaltungsklauseln ist aber nicht Bestandteil von diesem Problemkreis. Hier werden nicht Vor- und Nachteile abgewogen. Die Geheimniskrämerei dient einzig dazu, Preise in die Höhe zu treiben. Sie beschert Verlagen hohe Profite und schadet dem Zugang zu Forschungserkenntnissen. Die Gesetzgebung kann und sollte so angepasst werden, dass Kosten für Journals vom Kunden veröffentlicht werden dürfen.